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From USS Baikonur

Die Fresszelle
Autor: Ekaterina Rubliowa
Sternzeit: 69.835,1


Lukas Piel kniete neben dem Opfer nieder. Er ließ seinen Tricorder über die menschliche Frau gleiten. "Sie ist definitiv verhungert. In ihrem Körper finden sich keinerlei eingelagerte Fette mehr", erklärte er. Nika schauderte leicht, die Frau war alles andere als ein angenehmer Anblick. Lukas richtete sich wieder auf und sah McNamara an. "Allerdings ergibt das nicht wirklich Sinn, Commander. Die Frau kann keinesfalls innerhalb der vergangenen drei Wochen, in denen wir keinen Kontakt zur Station aufbauen konnten, verhungert sein. Bei einem durchschnittlichen, gesunden Menschen dauert der Vorgang bei völligem Entzug der festen Nahrung etwa 3 Monate", führte der Arzt aus.

Nika runzelte die Stirn. Dann war die Frau vermutlich nicht gesund gewesen. Immerhin befanden sie sich hier in einer medizinischen Forschungseinrichtung und wenn es auch in den Laboren so aussah wie hier, dann war die Freisetzung eines gefährlichen Virus durchaus möglich.

"Können Sie feststellen, ob der Tod der Frau auf einen Virus oder eine andere Art von Infektion zurückzuführen ist?", fragte der Erste Offizier nach. Der Arzt ließ seinen Scanner erneut über die Leiche gleiten. "Ich kann keinen bekannten Virus feststellen. Genaueres kann ich aber nur auf der Krankenstation bestimmen, da ein dem Scanner unbekannter Virus unentdeckt bleiben kann", erklärt er.

Nika aktivierte ihren Kommunikator. "McNamara an Rubliowa", öffnete sie einen Kanal zur Captain. Die Antwort kam umgehend. "Sprechen Sie, Nummer Eins", war die Stimme der Russin klar und deutlich zu vernehmen. "Es sieht so aus, als wäre das Innere der Station völlig zerstört worden. Es sieht wie Vandalismus aus. Wir haben hier die Leiche einer Frau gefunden, die nach den ersten Untersuchungen von Dr. Piel verhungert ist. Möglicherweise ist ein Virus dafür verantwortlich, der den Scannern nicht bekannt ist. Eine genauere Analyse kann er nur auf der Krankenstation erstellen", brachte Nika die Captain auf den Stand der Dinge. Es entstand eine kurze Pause, in der Katya nachdachte.

"Dr. Piel, wenn dieser Virus von den Tricordern nicht entdeckt wird, wie wahrscheinlich ist es, daß die Biofilter des Transporters ihn nicht ausfiltern?", wollte sie dann von ihrem Arzt wissen. Dieser antwortete: "Sehr wahrscheinlich. Aber ich kann ein Quarantänefeld in der Krankenstation errichten, um eine Kontamination des Schiffes zu vermeiden." Wieder eine kurze Pause. Sie würde das Schiff teilen und die Beta-Sektion mit der Krankenstation bis auf das unbedingt erforderliche medizinische Personal räumen lassen. So konnte sie das Risiko so gering wie möglich halten. In der Zwischenzeit konnte McNamara aber noch eine andere Option ausprobieren.

"Ich möchte das Risiko noch nicht eingehen. Bitte untersuchen Sie zunächst den Rest der Station. Wenn sie dort ein verwendbares Labor finden, dann führen Sie alle Arbeiten dort aus. In der Zwischenzeit bereiten wir hier alles vor", gab die Captain an. Lukas Piel nickte und ging dann auf den Ausgang der Kommandozentrale der Station zu. "Mr. Zatar, versuchen Sie die Logbücher der Station an mich zu überspielen, sie könnten uns Aufschluss darüber, oder zumindest einen Hinweis auf das geben, was in den letzten drei Wochen dort passiert ist", wies die Captain den Chefingenieur an, der sich im Außenteam befand. "Aye, Captain", erwiderte der Zaldaner gewohnt knapp und ging gemeinsam mit Lieutenant Floyd hinüber zum Hauptcomputerterminal der Zentrale, in der Hoffnung dort noch irgendetwas retten zu können. Der Rest der Belegschaft folgte Dr. Piel in die Gänge der Station.


Tarlan stemmte die Tür auf und leuchtete dann mit der an seinem Umgebungsanzug angebrauchten Leuchte den Raum aus. Er war völlig leer und auch hier bot sich ein Bild der Verwüstung. Sie hatten definitiv die Krankenstation der Einrichtung gefunden. Nika bezweifelte allerdings, daß sich hier ohne Reparaturteams und viele Arbeitsstunden etwas würde ausrichten lassen. Die Option, daß Dr. Piel die Untersuchungen hier durchführen konnte, war gerade gestorben. Die Commander aktivierte erneut ihren Kommunikator, um einen Kanal zur Baikonur zu öffnen. "Sprechen Sie, Nummer Eins", verkündete die Captain bereits einige Augenblicke später. "Captain, wir haben gerade die Krankenstation gefunden. Sie ist leider genauso wenig funktionstüchtig wie der Rest der Station. Ich fürchte, daß Dr. Piel hier nicht arbeiten kann", erklärte sie. Katya seufzte. Dann kam sie wohl nicht umhin die Leiche und die Überlebenden auf die Baikonur zu bringen und das Schiff so der Gefahr der Kontamination auszusetzen. "Hier ist bereits alles vorbereitet. Haben Sie bereits die Überlebenden ausgemacht?", wollte sie dann wissen. Nika schüttelte, obwohl es sich nur um eine Sprechverbindung handelte, mit dem Kopf. "Nein, Captain", fügte sie dann verbal hinzu. "Die Lebenszeichen konzentrieren sich im Quartierbereich. Die Krankenstation lag auf dem Weg zwischen Zentrale und den Quartieren, deshalb haben wir zuerst kurz hier herein gesehen", erklärte sie. Nun nickte Katya ihrerseits in ihrem Captainssessel. "Setzen Sie Ihre Suche zunächst fort, Commander. Dies hat Priorität zu der Obduktion", verlangte sie. Sich zu Lukas Piel herumdrehend antwortete sie: "Wir gehen das sofort an, Captain."

Der Arzt machte keinerlei Anstalten, in Richtung der Tür aufzubrechen. Sein Blick ruhte starr auf ihr. Dann brach die Hölle los.


Durch den Kommunikationskanal war eine wilde Geräuschkulisse zu hören. Dinge zerbarsten und anscheinend wurden auch Phaser gefeuert. "Was ist bei Ihnen los, Nika?", wollte die Captain wissen, erhielt jedoch keine Antwort von ihrer Nummer Eins, die gerade in einen Ringkampf mit dem Schiffsarzt verwickelt war. Tarlan war hinter die Überreste einer Konsole gehechtet und hatte alle Hände voll zu tun, nicht von den Phaserstrahlen seiner Mitarbeiter getroffen zu werden. Er hatte sie gut trainiert, stellte er grimmig fest, während er kurz aus seiner Deckung kam und auf Ensign Allenby feuerte. Erfreut stellte er fest, daß die Frau taumelte und zu Boden fiel. Er hatte sie getroffen. Viel Zeit, sich darüber zu freuen blieb ihm jedoch nicht, weil Lieutenant Balis ihn nur um Zentimeter verfehlte. Eilig hechtete der Halbromulaner wieder hinter seine Konsole.

"Ich glaube, ich kann zur Aufklärung beitragen, Captain", hörte Rubliowa Floyd über den ganzen Radau. "Sprechen Sie, Lieutenant!", forderte sie ihren Wissenschaftsoffizier auf. Dieser hing zu dem Zeitpunkt als schwarzes, festes Seil mit Kommunikator und Mund um Lieutenant Commander Zatar. "Vor einigen Augenblicken reagierte Commander Zatar nicht mehr und griff mich dann völlig unprovoziert an", erklärte er. Katya sprang aus ihrem Sessel auf. "Rubliowa an Transporterraum 1. Beamen Sie das Außenteam sofort auf die Krankenstation", verlangte sie. Einige Augenblicke später konnte sie McNamara wieder hören. "Die Situation ist geklärt, Captain. Die Angreifer wirken zwar noch etwas benommen, sind aber sonst wieder ganz die Alten", sagte die Halb-Haliianerin. "Dr. Piel soll sofort eine Untersuchung des Vorfalls durchführen. Ich habe ebenfalls eine Vermutung, die ich jetzt mit den Logbüchern der Station abgleichen werde. Besprechung in einer Stunde. Verlassen Sie die Beta-Sektion nicht. Nutzen Sie die holographischen Systeme, um an der Besprechung teilzunehmen", verlangte Katya, während sie bereits aufstand, um in ihren Bereitschaftsraum zu gehen. Glücklicherweise waren die Sektionen der Baikonur nahe genug, daß die Übermittlung der holographischen Daten problemfrei möglich war. Anderenfalls hätte es eben eine Bildverbindung tun müssen.


Eine knappe Stunde später betrat Katya gemeinsam mit Lieutenant Kvam den Konferenzraum. Sie waren die letzten, die übrigen Anwesenden, als Hologramme versammelt, hatten bereits Platz genommen. In dem kleinen Konferenzraum auf der Beta-Sektion bot sich den anderen das umgekehrte Bild.

Die Captain ließ sich nieder und sah Dr. Piel an. "Ihre Einschätzung, Doktor?", kam sie gleich zur Sache. Der Arzt stand aus seinem Sitz auf, fuhr sich einmal mit der Hand durch das dunkelblonde Haar und begann dann: "Wie Ihnen allen bereits bekannt ist, handelt es sich beim Bendii-Syndrom um eine Krankheit, die ausschließlich Vulkanier fortgeschrittenen Alters betrifft. Durch einen Defekt in mehreren Genen geht in hohem Alter die Fähigkeit zur Kontrolle der Emotionen verloren. Ein Heilmittel gibt es bisher nicht. Mit Hilfe einer konstanten Gedankenverschmelzung mit einem anderen Vulkanier ist es dem Kranken aber bis relativ kurz vor dem Endstadium möglich, seine Emotionen zu kontrollieren.

Da Vulkanier telepathisch veranlagt sind, projiziert ein Erkrankter, der nicht durch eine Gedankenverschmelzung stabilisiert ist, seine Emotionen auf andere. Telepathen können diese Emotionen blocken, Nichttelepathen sind ihnen schutzlos ausgeliefert. Ich vermute, daß uns etwas Entsprechendes widerfahren ist. Dafür spricht bereits die Tatsache, daß nur Angehörige nichttelepathischer Spezies betroffen waren", führte er aus, sich wieder hinsetzend. Das galt nicht für Lieutenant Floyd, aber dessen Physiologie war so andersartig, daß es nicht weiter verwunderlich war, daß er unbeeinflußt geblieben war.

Die Captain nickte. "Die Logbucheinträge der Station stützen Ihre Vermutungen, Doktor. An Bord befand sich ein mit dem Bendii-Syndrom diagnostizierter Vulkanier. Er hatte sich als Studienobjekt zur Verfügung gestellt. Bei ihm befand sich ein Telepath, dessen Aufgabe es war, den Vulkanier zu stabilisieren und so eine Projektion seiner Gefühle auf die Besatzung zu verhindern. Es scheint so, als wäre eben dies nicht mehr möglich", erklärte sie, was sie aus den Stationslogbüchern hatte erfahren können.

Floyd sah auf. "Aber das erklärt noch nicht den Hungertod der Frau", meinte er. Katya nickte. "Da haben sie recht, Lieutenant", sagte sie. Damit war auch die Möglichkeit einer Infektion noch nicht ausgeschlossen.

"Doktor, haben Sie inzwischen feststellen können, ob das Außenteam von einem Virus infiziert wurde?", verlangte Katya zu wissen. Lukas nickte. "Ja, ich habe eine entsprechende Analyse abgeschlossen. Niemand aus dem Außenteam wurde infiziert. Es ist auch noch unklar, ob es sich überhaupt um eine Infektion handelt", antwortete er.

Katya überlegte kurz. "Nika, Sie kehren mit Mr. Tarlan und Mr. Floyd auf die Station zurück und führen die Untersuchungen weiter durch, da Sie von den Emotionsausbrüchen des Vulkaniers unbeeinflußt blieben", ordnete sie an.

"Dr. Piel, ich genehmige den Transport der Leiche der Frau an Bord zur Untersuchung. Ich will, daß die Sicherheitsvorkehrungen aufs Genaueste eingehalten werden", erklärte sie weiter.

"Der Rest von Ihnen räumt die Beta-Sektion, ich will niemanden, der nicht zwingend dort sein muß, dort haben. Das Risiko ist zu hoch", meinte sie, und sah dann kurz in die Runde. "Weggetreten", fügte sie dann hinzu und verließ mit Lieutenant Kvam den Bereitschaftsraum, während sich die Abbilder der übrigen Offiziere in dünne Luft auflösten.


Kurz darauf materialisierten die drei Führungsoffiziere der Baikonur wieder auf der Station. Sie befanden sich im Flur vor der Krankenstation, von hier aus wollte Nika ihren Gang durch die Einrichtung fortsetzen. Der Schutzanzug kratze fürchterlich am Hals, die Halbhaliianerin war versucht, dort zu kratzen, sah aber davon ab, da sie dann von dem Virus infiziert werden würde, der die Frau in der Zentrale getötet hatte, sofern es sich um etwas übertragbares handelte.

Der Erste Offizier klappte den Tricorder auf und ging dann den Gang in Richtung des nächsten Lebenszeichens weiter. Schon wenig später befanden die Offiziere sich vor der Tür dessen, was vermutlich einmal das Hauptlabor gewesen war. Drinnen war es dunkel. Vorsichtig schoben Nika und Tarlan sich durch die etwa halb aufstehende Tür, um ihre Schutzanzüge nicht zu verletzen. Floyd, für den ein möglicher Virus keine Gefahr darstellte, schob sich lässig hinter ihnen her in den Raum.

Die Lichtkegel der Lampen der drei schoben sich durch den Raum. Schließlich blieb Tarlans Licht in einer Ecke hängen, in der eine Frau hockte. Ihre Arme waren um ihre Knie geschlungen und Tränen liefen über ihr Gesicht. Sie war erschreckend dünn. Nika sah ihre schlimmste Befürchtung bestätigt. Offensichtlich handelte es sich bei dem, was die Frau auf der Brücke in wenigen Tagen hatte verhungern lassen um etwas Ansteckendes.

Sie ging langsam auf die Frau zu. Sie wollte sie nicht erschrecken, hier war Fingerspitzengefühl gefragt. Unvermittelt flog der Blick der Frau zu ihr, dann sprang sie auf und stürmte auf Nika zu. Der Erste Offizier riß die Arme hoch, um den Angriff abzuwehren, konnte sie jedoch sofort wieder sinken lassen. Haarscharf an ihr vorbei hatte Tarlan einen Schuß aus seinem Phaser auf den Angreifer abgegeben und die Frau war sofort zusammengebrochen. Nika ging zu ihr hin und drehte sie herum. Dann aktivierte sie ihren Kommunikator. "McNamara an Transporterraum 3. Beamen Sie das sich bei uns befindende vierte Lebenszeichen auf die Krankenstation", verlangte sie. Kurz darauf schimmerte die Luft und der Körper der Frau verschwand.


Zwei Stunden später näherten sich McNamara, Tarlan und Floyd dem letzten noch verbliebenen Lebenszeichen an Bord von Raumstation 107. Sie gingen davon aus, daß es sich dabei um den sich an Bord befindlichen, mit dem Bendii-Syndrom diagnostizierten Vulkanier handeln mußte. Auf ihrem Weg durch die Station waren sie immer wieder angegriffen worden. Sie hatten alle 27 Besatzungsmitglieder gefunden. Nun fehlten noch der alte Vulkanier und der Telepath, der ihn stabilisieren sollte. Nika ging davon aus, daß letzterer entweder nicht an Bord oder aber tot war, was letzten Endes zu dem gleichen Ergebnis für den Patienten führte.

Die Tür vor ihnen war verriegelt. Floyd und Tarlan mußten sie mühsam mit Gewalt öffnen, bis sie ihnen Einlaß in das dahinter befindliche Quartier gewährte. Sofort fiel der Lichtschein der an den Armen der Schutzanzüge angebrachten Strahler auf einen weißhaarigen Mann, der wie zwei Stunden zuvor die Frau im Labor auf dem Boden kauerte. Als das Licht ihn streifte, hob er den Kopf und sah Nika aus tränenumflorten Augen an. "Helfen Sie mir!", sagte er flehentlich unter weiteren Tränen. Nika bedauerte ihn sofort. Sie ging zu ihm hinüber und legte ihre behandschuhte Hand auf seine Schulter. So gerne sie ihm geholfen hätte, sie konnte ihm im Moment nicht helfen. Tarlan und Floyd begannen damit, das Quartier des Mannes weiter zu durchsuchen. Hier hatte vermutlich, was auch immer mit der Raumstation passiert war, seinen Anfang genommen.

Nika aktivierte derweil ihren Kommunikator. "McNamara an Rubliowa", sagte sie. Die Antwort kam umgehend. "Sprechen Sie", sagte Katya. "Captain, wir haben den gesuchten, mit dem Bendii-Syndrom diagnostizierten, Vulkanier gefunden", erklärte sie, während sie auf die Stelle sah, an die Tarlans Strahler leuchtete. In der Tür zum Bad lag eine weitere Person. Offensichtlich tot, denn sonst hätten die Tricorder sie vorher auf ein weiteres Lebenszeichen hingewiesen. Vermutlich der noch vermißte Telepath.

"Wie sieht es mit dem fehlenden Telepathen aus?", wollte Rubliowa wissen. Tarlan war zu dem Mann im Durchgang zum Bad hinübergetreten und hatte ihn einer kurzen Untersuchung unterzogen. Er beantwortete die Frage der Captain. "Ich denke, wir haben ihn gefunden. Er ist tot", erklärte er. "Können Sie etwas zur Todesursache sagen?", wollte Katya sofort wissen. Wieder kam die Antwort sofort. "Es scheint so, als wäre er ausgerutscht und mit dem Kopf angeschlagen. Genaueres wird nur eine Obduktion hervorbringen", informierte der Halbromulaner seine Captain.

Jetzt mischte sich Floyd ein. "Captain, was sollen wir mit dem Vulkanier machen? Wenn wir ihn auf die Krankenstation bringen, dann werden die Anwesenden dort sehr schnell wieder von seinen projizierten Emotionen beeinflußt werden", fragte er nach.

Katya hatte die passende Antwort bereits parat. Sie hatte damit gerechnet, daß der Telepath nicht zur Verfügung stand. "Dr. Piel hatte diesbezüglich bereits eine Idee. Transportieren Sie mit dem Leichnam und dem Vulkanier auf die Krankenstation."


Erneut saß die Führungsriege der Baikonur um den großen Tisch in der Beobachtungslounge versammelt. Diesesmal handelte es sich alleine bei Dr. Piel um das holographische Abbild seiner selbst. Er saß nach wie vor auf der unter Quarantäne gestellten Beta-Sektion. Auch, wenn er sich außerhalb des Quarantänebereichs der Krankenstation aufhielt und die Obduktion der Leiche der Frau, die sie gleich bei ihrer Ankunft gefunden hatten in einem Schutzanzug vorgenommen hatte, durfte er die Beta-Sektion nicht verlassen, bis die mysteriösen Umstände um das Schicksal der Raumstation 107 aufgeklärt waren.

Neben ihm saß eine Frau, die Nika als jene identifizieren konnte, die sie im Labor angegriffen hatte. Sie wirkte jetzt völlig ruhig. Offensichtlich stand sie nicht mehr unter dem Einfluß des mit dem Bendii-Syndrom infizierten Vulkaniers. Dr. Piel stellte sie kurz als Dr. Elena Skusa vor, dann erzählte sie von den Ereignissen, die sich auf der Station seitdem der Kontakt zu ihr abgebrochen war abgespielt hatten.

"Abends war noch alles normal gewesen, der Spuk begann früh am morgen. Ich war früher wach als sonst und gereizt. Ich ließ das Frühstück ausfallen und ging ins Labor, um zu arbeiten. Wir hatten mit einem Virus experimentiert, von dem wir uns erhofften, daß er die Ablagerungen im Gehirn, die das Syndrom verursacht, beseitigt, indem er sie buchstäblich auffrißt. Im Grunde genommen ein ähnlicher Ansatz, wie die menschlichen weißen Blutkörperchen", erklärte die Leiterin der Forschungseinrichtung.

Rubliowa warf einen alarmierten Blick zu Dr. Piel hinüber, der bestätigend nickte. Die tot aufgefundene Frau war an einem Virus gestorben.

"Meine Stellvertreterin war später als sonst dran, sie war eigenartig mürrisch. Damals wußten wir es nicht, aber Shoret projizierte wohl zu dieser Zeit bereits seine Emotionen auf uns alle. Einige Stunden später brüllte sie unvermittelt herum und fing an, mit den verschiedensten Dingen nach mir zu werfen. Zuerst ging ich in Deckung, dann spürte ich einen unbändigen Ärger in mir und konterte ihre Angriffe. Dabei wurde das gesamte Labor verwüstet. Schließlich konnte ich sie vertreiben. Ich kann nur vermuten, daß sich ähnliche Szenen überall auf der Station abspielten. Ich kam erst hier wieder zur Besinnung", klärte sie die versammelten Offiziere auf.

Katya sah hinüber zu Dr. Piel. "Was hat die Obduktion der Leiche von Philippa Schudy ergeben?", wollte sie dann wissen. Der Arzt sah kurz in die Runde, dann erklärte er: "Dr. Schudy ist ganz eindeutig an dem während des Kampfes freigesetzten Virus erkrankt. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um eine Art von Freßzelle, die auf bestimmte Gewebearten spezialisiert ist. Bei Vulkaniern baut sie die durch das Bendii-Syndrom im Hypothalamus verursachten Veränderungen ab. Andere Lebewesen haben jedoch ähnliche Gewebearten. Das Fettgewebe des Menschen besteht aus fast derselben Gewebeart. Diese Gewebeart greift der Virus an und frißt die Fettreserven im menschlichen Körper schlicht und ergreifend auf. Letztendlich führt dies zum Tod. Wie lange dies dauert, das hängt in erster Linie davon ab, wie viele von den Freßzellen in den Körper gelangten und wie viel Fettreserven vorhanden sind. Je mehr Freßzellen und je weniger Fettreserven, umso schneller tritt der Tod ein", erklärte der Arzt.

Floyd sah den Arzt an. "Wie wird das Virus verbreitet. Ist direkter Kontakt erforderlich oder wird er über die Atemluft übertragen?", stellte er die Frage, die wohl jeden am Tisch interessierte. Dr. Piel antwortete sofort: "Leider wird er durch die Atemluft übertragen. Jeder an Bord der Station hat ihn. Inklusive des mit Bendii diagnostizierten Shoret. Deshalb habe ich ihn einer hohen Dosis der Freßzellen ausgesetzt, die ich herstellen konnte. Sein Zustand hat sich bereits wesentlich verbessert. Er kann seine Emotionen jetzt fast vollständig wieder kontrollieren", erklärte er.

Rubliowa stellte die nächste Frage: "Haben wir bereits eine Möglichkeit, die Freßzellen wieder zu deaktivieren?" Dr. Piel schüttelte den Kopf. "Leider noch nicht. Ich arbeite mit Hochdruck an einer Lösung. Ich habe in der Isolierstation 26 Menschen, die sonst innerhalb der nächsten Tage verhungern. Ich habe bereits angefangen, sie mit zusätzlichen Fettreserven zu versorgen, aber wenn der Virus sich bei der bisherigen Rate weiter vervielfältigt, dann wird auch das nicht lange vorhalten, zumal viele der Patienten bereits geschwächt sind. Auch Shoret kann ich bis auf weiteres nicht entlassen. Solange er die Freßzelle im Körper trägt, ist er Überträger. Eine weitere Ausbreitung dieser Freßzelle muß unbedingt vermieden werden", erklärte Dr. Piel.

Dr. Skusa meldete sich erneut. "Mein Stab und ich haben eine gewisse Erfahrung mit der manipulierten Freßzelle. Immerhin ist sie in unserem Labor entstanden. Wir würden gerne helfen, soweit es aus der Quarantäne heraus möglich ist", bot sie an. Dr. Piel nickte. "Gerne, wir können jede Hilfe gebrauchen", erwiderte er.

Sicherheitschef Tarlan hob die Hand. Eine offene Frage war für ihn noch geblieben. "Woran ist denn nun der zweite Vulkanier gestorben, der Shoret stützen sollte?", wollte er wissen. Der Arzt sah den Halbromulaner an und antwortete: "Nach meiner Obduktion kann ich jegliche Fremdeinwirkung ausschließen. Er ist ganz offensichtlich tatsächlich ausgerutscht und bei dem Fall zu Tode gekommen. Insgesamt liegt hier eine Verkettung unglücklicher Umstände vor"

Katya sah kurz noch einmal in die Runde. Sie konnte ihren ersten Zwischenbericht für den Admiral verfassen. "Dann höre ich in vier Stunden wieder von Ihnen, Dr. Piel. Mr. Zatar, bringen Sie Ihre Techniker auf die Station und sorgen Sie dafür daß sämtliche Atemluft ausgetauscht wird. Ich will, daß die Station von jeder einzelnen dieser Freßzellen gereinigt wird. Erst danach können wir damit anfangen, sie wieder in Betrieb zu nehmen. Weggetreten."


Fünf Tage später fanden sich die Führungsoffiziere zur Abschlußbesprechung in der Beobachtungslounge ein. Dieses Mal war auch Dr. Piel in Natura anwesend. Vor zwei Stunden hatte er seine Patienten erfolgreich der USS Koch übergeben. Es handelte sich um ein Spezialschiff der medizinischen Abteilung der Sternenflotte. Man würde die inzwischen stabilisierten Patienten in eine Isolationseinrichtung auf einem der Monde von Delta Rana IV bringen. Dort würde ein neues Team an einer Lösung des Problems arbeiten. Es würde diesen Medizinern und Wissenschaftlern obliegen, eine Möglichkeit zu finden, die Freßzelle zu neutralisieren. Bis dahin konnte niemand die Isolation verlassen, auch Shoret nicht, da er nun Überträger der für andere Spezies so gefährlichen Freßzelle war.

Dr. Piel war es gerade rechtzeitig gelungen, den richtigen Nahrungsmittelzusatz für die Patienten zu finden. Im Grunde genommen wurden sie nun gemästet, um der Wirkung der Freßzelle entgegenzuwirken.

Die Station war vor einigen Stunden wieder in Betrieb genommen worden. Auch hier war ein neues Wissenschaftler-Team bereits unterwegs. Die Suche nach einer echten Heilung für das Bendii-Syndrom mußte weitergehen. Trotz allem waren hier Fortschritte erzielt worden. Dr. Skusa hatte alle ihre Aufzeichnungen zurückgelassen und würde gemeinsam mit ihren Kollegen per Subraum-Kommunikation als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Die Frau war zuversichtlich gewesen, daß sich ein Heilmittel für die Krankheit finden lassen würde, es war nur eine Frage der Zeit.

Nun wartete die Baikonur nur noch darauf, daß die neue Besatzung der Station eintraf, um sich auf den Weg in den wohlverdienten Landurlaub zu machen, den Captain Rubliowa für alle angeordnet hatte. Die letzten Missionen waren für alle mehr als nur etwas anstrengend gewesen.

Gerade, als die Führungsriege der Baikonur mit ihrer Besprechung durch war, meldete sich Lieutenant Kvam, der die Brücke inne hatte. "Captain, die Pegasus ist gerade angekommen. Sie meldet, daß sie jetzt hier übernehmen wird. Captain Andersson läßt grüßen und wünscht ihnen einen angenehmen Urlaub", sagte er. Rubliowa mußte schmunzeln. Sie hatte mit Andersson einen Teil ihrer Akademiezeit verbracht und sich stets gut mit ihm verstanden. "Bestellen Sie ihm, daß wir uns dann auf den Weg machen. Oh, und er soll seine Frau grüßen", antwortete sie ihrem Navigator. "Setzen Sie Kurs auf Maridian IV, Mr. Kvam", wies sie ihn dann noch an.

Katya sah kurz in die Gesichter ihrer Offiziere. Sie konnten alle eine Hand voll Ruhe und Entspannung gebrauchen. "Weggetreten", entließ sie sie. Während der Raum sich leerte, trat sie hinüber zum Fenster und sah zu, wie die Baikonur von der Station abdrehte, schnell Abstand gewann und dann auf Warp sprang.

Sie wandte den Blick nach links, wo sie mehr ahnte, denn sah, daß Lemexx neben sie getreten war. "Auch Dir wird der Urlaub gut tun", sagte er. Sie nickte und sah ihn dann lächelnd an. "Ist das die Meinung meines Psychiaters?", fragte sie dann nach. Er sah sie lächelnd an. "Nein, das ist die Meinung Deines Freundes", meinte er und sah dann genauso schweigend wie sie auf die hinter ihnen zurückbleibenden Sterne.


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